Das perfekte Projekt gibt es nicht? Ich habe ein Projekt erlebt, das ich als perfekt bezeichnen möchte. Die Erfahrungen und Ergebnisse waren so toll, dass ich sie mit Ihnen teilen möchte.
Die Ausgangssituation
Ich war Projektleiterin eines großen, europäischen Innovationsprojektes mit vielen Schnittstellen. Als ich das Projekt übernommen habe, war die einhellige Meinung aller Beteiligten, dass das vorgegebene Timing UNMÖGLICH eingehalten werden könne. Ich wurde gebeten, dies zu kommunizieren und ein neues, realistisches Timing zu erstellen. Es kam anders.
Ich habe kommuniziert, dass wir zur Realisierung des Projektes mehr Zeit benötigen, als uns zur Verfügung steht. Die Antwort war die, dass es unmöglich sei, noch mehr Zeit für dieses Projekt zur Verfügung zu stellen. Im Gegenteil: Die Aktivitäten der Wettbewerber machten es nötig, die Produkteinführung einen weiteren Monat nach vorne zu verlegen. Wir müssten das irgendwie hinkriegen – egal wie.
Was für eine phantastische Ausgangslage…
Meine Vorgehensweise
Was mir zu dem Zeitpunkt schon klar war: wenn wir das überhaupt schaffen können, dann nur, wenn wirklich alle an einem Strang ziehen und jeder seine Komfortzone verlässt.
Ich habe ein mehrstündiges Meeting angesetzt, an dem alle Projektbeteiligten teilgenommen haben und das Meeting mit genau dieser Botschaft eröffnet. Aber wie soll ich andere Menschen motivieren, über ihren Schatten zu springen, wenn ich es nicht zuerst tue. Also bin ich mit gutem Beispiel vorangegangen und habe alle meine Karten offengelegt. Puffer in meinem Timing, Entwicklungen, die ich zu dem Zeitpunkt noch nicht abschätzen konnte, Informationen die relevant waren, die ich aber noch nicht hatte, usw.
Zuerst war die Verblüffung groß. Dann ist etwas Unglaubliches passiert. Motiviert von meinem Beispiel, taten es mir alle gleich und legten auch ihre Karten offen auf den Tisch. Vor diesem Meeting fehlten uns sieben Wochen zur Realisierung des neuen Termins, nach dem Meeting waren es nur noch drei Wochen. Da es an vielen Stellen noch Unwägbarkeiten gab, verständigten wir uns darauf, ein vorläufiges Timing zu erstellen und wöchentliche Update-Meetings zu veranstalten, um uns gegenseitig auf den neuesten Stand der Entwicklungen zu bringen.
Die Ergebnisse
Was soll ich sagen. Nicht nur die Meetings wurden immer besser, sondern auch der ganze Prozess – und tatsächlich auch die Stimmung im Team!
Während der Austausch zwischen den Projektbeteiligten am Anfang nur bei den wöchentlichen Meetings stattfand, entwickelte sich nach und nach ein kontinuierlicher Austausch aller Beteiligten. Jeder kommunizierte vollkommen offen Fort- aber auch Rückschritte.
Nun könnte man meinen, dass an dieser Stelle die leider so weit verbreitete „Verteidigungshaltung“ zum Vorschein gekommen wäre: Das hat nicht geklappt, weil X dies oder jenes nicht gemacht hat. Wenn Abteilung Y nicht rechtzeitig liefert, dann können wir da auch nichts machten, etc. Das Gegenteil war aber der Fall. Es hat sich ein Ausmaß gegenseitiger Unterstützung entwickelt, das ich nicht für möglich gehalten hätte. Wenn in einer Abteilung etwas nicht planmäßig lief, versuchten alle anderen sofort Möglichkeiten zu finden, wie man mit der neuen Situation umgehen könne. Gleichzeitig informierten alle Abteilungen proaktiv, wenn ein Teilschritt doch früher als geplant abgeschlossen werden konnte und die Anderen versuchten so gut wie möglich, auch ihre Arbeit entsprechend nach vorne zu verlegen.
Am Ende konnten wir das Produkt eine Woche vor dem geplanten Termin einführen, was selbst Diejenigen überrascht hat, die vorher noch die Parole „Ihr müsst das irgendwie hinkriegen“ herausgegeben hatten.
Es hat funktioniert, weil wir uns zu einem hochmotivierten, effektiven Team entwickelt haben, in dem sich alle kontinuierlich austauschten, Spaß an der Arbeit hatten und auf ein gemeinsames Ziel hingearbeitet haben.
Auch außerhalb unseres Teams wurde wahrgenommen, dass bei uns irgendetwas – anders – war als bei den anderen Teams. Die Kommunikation funktionierte besser, die Motivation war höher und kaum einer jammerte über Dinge, die schiefgelaufen waren. Stattdessen erzählten alle stolz von den Problemen, die sie erfolgreich gelöst hatten.
Als Teamleiterin wurde ich dann oft gefragt, wie ICH das denn gemacht hätte? ICH habe das überhaupt nicht gemacht. Der Erfolg wurde einzig und alleine dadurch möglich, dass sich das GESAMTE TEAM der Aufgabe verschrieben hat, die gestellte Aufgabe GEMEINSAM zu lösen.
Alles was ich getan habe war, selber ehrlich zu sein und das Team um Ehrlichkeit, gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Unterstützung zu bitten. Und ich bin unendlich dankbar, dass das Team sich mit mir zusammen auf dieses – Abenteuer – eingelassen hat!
Mir hat diese Erfahrung klar gemacht, dass dies für mich die beste Methode ist, Schnittstellenprojekte erfolgreich zu machen. Daher möchte ich Ihre Teams dabei unterstützen, diese tolle Erfahrung ebenfalls zu machen!
Allerdings kann auch das perfekte Team (leider immer häufiger vorkommende) vollkommen unrealistische Projettimings nicht möglich machen.
Wenn die Kommunikation zwischen den Teammitgliedern funktioniert und sich bei allen das Gefühl einstellt, gemeinsam für die gleiche Sache zu kämpfen, werden automatisch bessere Ergebnisse in kürzerer Zeit erzielt. Wenn die Anforderungen aber unrealistisch werden, werden das auch alle erkennen und dann wird keiner mehr motiviert sein, sich für etwas zu engagieren, was sowieso nicht erreichbar ist.
Kommuniziert ein gut funktionierendes Team, dass ein Timing definitiv nicht realisiert werden kann, dann muss etwas an den Rahmenbedingungen verändert werden und nicht am Team!
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